Die Begriffe "Schadenslenkung" und "Schadenssteuerung" dienen als synonyme Begriffe für das Bemühen der Versicherungswirtschaft, bei Kfz-Haftpflicht- und Kfz-Kaskoversicherungen Einfluss auf den Reparaturvorgang im Schadensfall zu nehmen.

Die Einflussnahme der regulierungspflichtigen Versicherung bei Haftpflichtschäden hält sich trotz vieler "Ideen" (Schadensfotos per App einsenden und sofort einen Entschädigungsbetrag angeboten zu bekommen … ohne dass ein Gutachter und / oder ein Anwalt des Geschädigten eingeschaltet sind), in "Grenzen". Dagegen ist eine Zunahme der "gelenkten Schäden" bei selbstverschuldeten Unfallschäden im Kaskobereich nicht zuletzt wegen den kräftig beworbenen Werkstattbindungsverträgen feststellbar.

In Zusammenarbeit mit unseren kooperierenden Fachanwälten/innen für Versicherungsrecht wollen wir Ihnen Informationen zu immer wieder auftretenden Fragen geben.


1. Haftpflichtschäden

Die Rechtsprechung sagt grundsätzlich ganz klar, dass der Geschädigte gestellt werden muss, als hätte er keinen Unfallschaden gehabt.

Auch hat der Geschädigte einen Anspruch auf einen eigenen Gutachter und einen eigenen Anwalt, damit "Waffengleichheit" zwischen der i. d. R. einzutretenden Versicherung und dem Geschädigten gegeben ist.

Aufgrund der Vielzahl der Urteile und möglichen Sachverhalte (Teilschuld, etc.) ist dem Kunden dringend zu empfehlen, sowohl einen versierten Gutachter / Sachverständigen als auch einen erfahrenen Anwalt einzusetzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

2. Kaskoschäden

Eine Kaskoversicherung deckt Schäden am eigenen Fahrzeug ab – bspw. Glasbruch (Teilkasko), Marderbiss (Teilkasko) oder selbstverschuldeter Unfall (Vollkasko).

Bis auf die Selbstbeteiligung übernimmt i. d. R. die Versicherung die Regulierung des restlichen Schadens.

WICHTIG: Bei Teilkaskoschäden (Glasbruch) steigt die Schadensfreiheitsklasse NICHT!!!

Eine Frau im Auto mit Schäden

2005 begann die Zeit der Werkstattbindungsverträge mit dem Ziel, die Versicherten mittels Prämiennachlass in eine Partnerwerkstatt der Versicherung lenken bzw. steuern zu können.

Übrigens – den ersten "WSB-Vertrag" brachte die Gotha auf den Markt! Der Sinn von Werkstattbindungsverträgen ist in der Branche weitgehend unbestritten. Es sollen die Kosten der regulierenden Versicherung reduziert werden!

Nach bald 15 Jahren Erfahrungen mit Werkstattbindungsverträgen lässt sich feststellen, dass eine Schadenslenkung und Schadenssteuerung bei "Unfall" zwar nicht in einem vergleichbaren Maß wie bspw. den Niederlanden gegeben sind.

Aber auch wenn es KEINE exakten Zahlen gibt, gehen wir davon aus, dass aktuell über 20% der Unfallschäden mit weiter steigender Tendenz gelenkt werden.

Schadenslenker wie das "HUK-Werkstattnetz", "SPN" oder "IG" dürften inzwischen jeder Werkstatt ein Begriff sein.

Schadenslenkung und Schadenssteuerung im Bereich "Glasbruchschaden" entwickelt sich unseren Beobachtungen zufolge bei weitem nicht so stark wie bei "Unfall" - trotz aller Bemühungen der Versicherungen und dem subjektiven Empfinden vieler Marktteilnehmer.

Zum einen sicher bedingt durch den im Verhältnis zu "Unfall" geringeren Regulierungsbetrag, zum anderen müssen sich die Versicherungen mit "aller Kraft" den Veränderungen im Markt (Stichworte "Datenhoheit", "E-Call", etc.) stellen.

Aber es lässt sich feststellen, dass die sogenannte "Selektgebühr" (Sonder-SB) steigt. Und dass Vertragsklauseln, die den Regulierungsbetrag für Glasbruch begrenzen oder mit einem höheren Eigenanteil versehen, zunehmen.

Trotzdem wird die grundsätzliche freie Werkstattwahl des Versicherten auch bei Werkstattbindungsverträgen nicht in Frage gestellt. Der Versicherte muss beim Verstoß gegen die Werkstattbindungsklausel lediglich die vertraglich festgelegte Sonder-SB zusätzlich bezahlen.

Inwieweit die Aufgabe der sanktionsfreien Werkstattwahl (Werkstatt des Vertrauens) gegen einen i. d. R. geringen betragsmäßigen Nachlass auf die Höhe der Versicherungspolice den Bedürfnissen des Versicherten entsprechen, muss letztlich der Kunde selber entscheiden.

Wir empfehlen Werkstätten angesichts der vielfach anzutreffenden Unwissenheit eine intensive Aufklärung der Werkstattkunden.

Und den Versicherten empfehlen wir "Augen auf bei Werkstattbindung"!

Näheres zu Werkstattbindung finden Sie hier.

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